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Der Sachsenspiegel

Beschreibung der Handschrift

Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2° [Zitierversion]

Sachsenspiegel

Pergament - 86 Bl. - 35 x 27 - 14. Jh., 3. Viertel

Lagen: Lagen: 3 IV (24). IV-2 (30). IV (38). IV-1 (45). IV-1 (52). IV-2 (58). 3 IV (82). II (86). Reklamanten. Foliierung mit römischen Ziffern aus der Mitte oder der zweiten Hälfte des 18. Jhs., wobei man nach f. LXXVI irrtümlich noch einmal mit der Zahl LXII begann, ein wahrscheinlich erst 1809 korrigierter Irrtum. Durchweg mit den Text erläuternden, in Gold und Deckfarben ausgeführten Bildern. Textura Schriftraum: ca. 26 x 20 cm, zweispaltig, 27-39 Zeilen.

Einband: Einband aus dem 16. Jh. Holzdeckel mit dunkelbraunem Leder überzogen. Rollen- und einige Einzelstempel. Bei der Restaurierung im Jahr 1966 wurde der Rückenbezug aus Pergament abgelöst. Der Rücken liegt offen, vier Hanfbünde (neu) und das Kapital sind sichtbar. Reste von 2 Schließen. Der Buchblock wurde oben, seitlich und unten beschnitten, als der Band im 16. Jh. den heutigen Einband erhielt.

Herkunft: 1651/52 von Herzog August d.J. erworben.

Literatur: Heinemann Nr. 1642. - Lit.: H. Härtel, Kostbarkeiten aus den Sammlungen der Herzog August Bibliothek. Eine Führung von der Spätantike bis zur Reformation, Wolfenbüttel 1999, 54f. (Nr. 19); Sachsenspiegel: die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf. 3.1. Aug. 2º, hrsg. von R. Schmidt-Wiegand, Berlin 1993, repr. 1998 (Faksimile, Kommentar und Aufsatzband); Wolfenbütteler Cimelien, Weinheim 1989 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 58), 197-203 (Lit.)

1r-86r EIKE VON REPGOW: SACHSENSPIEGEL.. Kaiser Friedrich II.: Mainzer Landfriede von 1235. Dis recht saczte der keiser zcu Mencze mit der vursten willekor. Wir sezzen unde gebiten mit unser keiserlichen gewalt... (3vb-4ra) Vorrede Von des herren geburt. Nu vernemet umme der herren geburt von deme lande zcu Sachsen... (4v-8r) Kapitelverzeichnsi und Stichwortregister. 8v-9r leer. (9v) Prolog. (10r-27v) Buch I,1-71 (I,72 - II,11 fehlen). (28r-42v) Buch II,12-72. (42v-58r) Buch III. 59v leer. (59r-86r) Buch IV. 86v leer. LexMA7, 1240-1242. Druck: Eike von Repgow, Sachsenspiegel. Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2°. Textband, hrsg. von R. Schmidt-Wiegand, Berlin 1993, S. 35-397 (diplomatische Umschrift, zitierfähiger Text, neuhochdeutsche Übersetzung, Text-Bildleisten-Kommentar).

Erläuterungen

Der Sachsenspiegel ist eines der ältesten Rechtsbücher in deutscher Sprache und zweifellos dasjenige, von dem die größte Wirkung ausging. Sein Verfasser, Eike von Repgow, der in sechs Urkunden der Jahre 1209 bis 1233 unter den Zeugen aufgeführt wird, gehörte einem Geschlecht an, das sich nach dem Dorfe Reppichau bei Dessau nannte. Eike zeichnete wohl zwischen 1225 und 1235 das Rechtsbuch auf Drängen des Grafen Hoyer von Falkenstein, des Stiftsvogts von Quedlinburg, in deutscher Sprache, d.h. im Elbostfälischen seiner engeren Heimat, auf.

Der Sachsenspiegel behandelt die bäuerlichen und ritterlichen Verhältnisse des Landes Sachsen. Quellen waren das mündlich tradierte Gewohnheitsrecht und Gesetze wie z.B. die Landfrieden. Der Sachsenspiegel ist in das Landrecht und das Lehnrecht gegliedert, die sich stilistisch unterscheiden. Mit einzelnen seiner Rechtsätze wie der Formalisierung von Wahl und Kur bei der Königserhebung und einer damit verbundenen Kurfürstentheorie hat Eike die Entwicklung normativ beeinflußt

Unter den rund 460 erhaltenen Handschriften und Fragmenten des Sachsenspiegels finden sich vier Bilderhandschriften (codices picturati) mit einer durchgehenden Illustration. Die Oldenburger Handschrift ist in mittelniederdeutscher Sprache geschrieben, die Heidelberger, Dresdner und Wolfenbüttler sind Ende des 13. bzw. um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Obersachsen in ostmitteldeutscher Sprache aufgezeichnet worden. Diesecodices picturatigehen auf eine verlorene Stammschrift zurück, die zwischen 1292 und 1295 im nordöstlichen Harzvorland entstanden sein dürfte. Die Wolfenbüttler Handschrift ist die jüngste und gilt trotz einzelner Abweichungen im Text und den Illustrationen als Kopie der Dresdner.

Die Illustrationen zum Sachsenspiegel haben eine hohe funktionale Bedeutung. Sie enthalten, darin oft über den Text hinausgehend, Handlungsanweisungen für das Verhalten vor Gericht, z.B. für die Form der Prozeßeröffnung, die Klageerhebung (fol. 56v), Eid und Gelöbnis (fol. 41v) , die Zahlung von Wergeld und Buße (fol. 48r) u.a.m. Der Illustrator der Stammhandschrift hat mit Gebärden wie dem Klage-, Rede-, Aufmerksamkeits ? und Weigerungsgestus, mit Symbolen wie dem Schwert mit einer Krone als Knauf für die ?Acht?, Gewändern wie der grünen Herrentracht und den braunen und grauen Röcken der Bauern, mit Kopfbedeckungen, wie dem Grafenhut und dem Strohhut des Bauermeisters eine Sprache von Bildern geschaffen, mit Stereotypen und Chiffren, die oft nur mit Hilfe des Textes entschlüsselt werden kann.

(aus: Wolfenbüttler Cimelien. Weinheim 1989, S. 197-200 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek, Nr. 58))


 

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